Geschichte und Prinzipien

Wing Tzun Kung Fu ist eine traditionelle chinesische Kampfkunst. Der Überlieferung nach wurde Wing Tzun Kung Fu vor ca. 300 Jahren an einem Shaolin Kloster von der buddhistischen Nonne Ng Mui entwickelt. Ng Mui war zuvor bereits Meisterin der 5 großen Shaolin Kung Fu Tier Stile: Drache – Schlange – Tiger – Leopard –  Kranich.

Ihre erste Schülerin hieß Yim Wing Tzun. Nach ihr wurde Wing Tzun Kung Fu später benannt .Wing Tzun ist nicht als Kampfsport zu bezeichnen. Das liegt besonders daran, dass es nicht auf Wettkampfebene stattfindet, sondern der reinen Selbstverteidigung dient. Grundprinzip des Wing Tzun ist es sich die Kraft des Gegners zunutze zu machen, indem man die Kraft eines Angriffs vom eigenen Körper wegleitet, anstatt zu blocken. Damit ist Wing Tzun eine effektive Form der Selbstverteidigung. Da es im Training lediglich um das Erlernen von Techniken und nicht um körperliche Abhärtung geht, kommt es kaum zu Verletzungen. Eine besondere Charakteristik des Wing Tzun ist generell das Denken in Prinzipien, die der Orientierung dienen sollen und es allgemeingültig machen, sodass sowohl im Training als auch im Ernstfall klar ist, was zu tun ist.

Im Wing Tzun sind die Bewegungen meist kurz und direkt, also gerade. Es wird mit keiner starren Muskelkraft, sondern mehr mit der Elastizität und den Reflexen des eigenen Bewegungsapparates gearbeitet. Das geschieht durch Kombination aus Gewichtsverlagerung (Schritttechnik) und schnellen, spontanen Streckbewegungen.

Heute gibt es Tausende von Mitgliedern weltweit (in mehr als 56 Ländern), die dieses Kampfkunstsystem lernen, das durch Leung Ting, Yip Man's letzten Meister-Schüler (Closed-Door-Student) weiterentwickelt wurde.

Im Wing Tzun gibt es 5 Distanzen, die eine Kampfsituation beinhalten können:

  1. Phase Trittdistanz (Kämpfen mit den Füßen)
  2. Phase Schlagdistanz (Kämpfen mit den Händen)
  3. Phase Kämpfen mit Knie und Ellbogen
  4. Phase Halten, Werfen, Gegenwerfen, Würgen
  5. Phase Bodenkampf

 

Dazu kommen 4 Kraftprinzipien sowie 4 Kampfprinzipien:

Kraftprinzipien

  1. „Befreie Dich von deiner eigenen Kraft!“
  2. „Befreie Dich von der Kraft des Gegners!
  3. „Nutze die Kraft des Gegners!“
  4. „Füge deine eigene Kraft zur Kraft des Gegners hinzu!“

 

Kampfprinzipien

  1. „Wenn der Weg frei ist, stoße vor!“
  2. „Bekommst Du Kontakt mit dem Gegner, bleibe kleben!“
  3. „Ist die Kraft des Gegners größer, gib nach!“
  4. „Wenn sich der Gegner zurückzieht, folge Ihm

Begriffserklärung Lat Sao (Sparring-Übungen)

Lat Sao bedeutet so viel wie freier Kampf. Hier lernen zwei Partner sich einem potentiellen Kampf zu stellen und die erlernten Fähigkeiten anzuwenden, jedoch ohne sich ernsthaft zu verletzen, da die Techniken nicht mit voller Kraft ausgeführt werden. So werden die eigenen Fähigkeiten überprüft ohne, dass man Angst haben muss den Partner ernsthaft zu verletzen.

Begriffserklärung Chi Sao (Klebende Hände)

Chi Sao wird häufig auch als die eigentliche Seele des Wing Tzun bezeichnet. Da das ganze System ohne Chi Sao nur eine Ansammlung verschiedener Bewegungsabläufe wäre. Chi Sao ist das Trainieren von Verteidigungsreflexen über den Tastsinn und nicht, wie sonst häufig über das Sehen. Diese „Tastreflexe“ sind wesentlich schneller als die Reaktion über den Sehsinn. Darüber hinaus wird dem Schüler beigebracht mit wie viel Gegendruck er oder sie auf den, vom Gegenüber ausgeübten, Druck reagieren muss. Denn zu viel Gegendruck wäre Energieverschwendung und bei zu Sanftem
Gegendruck würde man sich eventuell wegdrücken lassen. So lernen die Schüler auch sich der eigenen Kraft bewusst zu werden und diese richtig einzuschätzen. Chi Sao sorgt damit quasi für die fließende Verbindung der Bewegungsabläufe, die zuvor in den Formen erlernt wurden.

 

Begriffserklärung Chi-Kwan (Klebender Langstock)

Chi-Kwan ist, wie beim Chi Sao, das Erfühlen gegnerischer Angriffe mit dem Langstock, ohne auf optische Reize angewiesen zu sein.

Formen

Im Wing Tzun gibt es 6 Formen. Die Formen sind festgelegte Abfolgen von Techniken, die jeder Schüler alleine ausführt. Sie dienen dazu dem Schüler die Grundtechniken des Wing Tzun zu vermitteln.

  1. Siu Nim Tau („eine Kleine Idee Form“):

Es werden die grundlegendsten Armtechniken isoliert für sich oder in einfachen Kombinationen geübt. Beintechniken kommen hier in Form des stabilen Standes vor. Ein wichtiger Aspekt dieser Form ist die Haltung und das Verhältnis von Spannung und Entspannung.

  1. Chum Kiu („Suchende Arme“ / „eine Brücke bauen“):

Basistechniken mit ersten Fußtechniken. Hier werden verschiedene Techniken in Kombinationen geübt, insbesondere das Zusammenspiel von beiden Armen, Beintechniken und Schritttechniken.

  1. Biu Tze („Stoßende Finger“):

Bisher als Notfall-Form bezeichnet, in der Techniken erlernt werden, um aus ungünstigen Kampfpositionen in aussichtsreiche zurückzugelangen.

  1. Mok Yang Chong („Holzpuppe“):

Dient als Ersatz für einen Trainingspartner und zum intensitätsorientierten Training. Bewegungen werden hier einstudiert und Fehler beseitigt.

  1. Look Dim Boon Gwan („Langstock“):

Diese Form wurde, wie die „Doppelmesser“, erst später den waffenlosen Formen hinzugefügt. Für den Langstock gibt es so genannte 6 ½ Punkte, beziehungsweise Grundtechniken, Wird deshalb auch ,,6 ½ Punkt Langstocktechnik“ genannt. Das Training dient vor allem der Stärkung der Handgelenk- und Unterarmkraft.

  1. Bart Cham Dao („Doppelmesser“ oder „Schmetterlingsmesser“):

Diese Form ist das wohl am besten gehüteten Geheimnis des Wing Tzun. In dieser Form gibt es 8 Sektionen, die verschiedene Angriffs- sowie Verteidigungstechniken beinhalten. Bei dieser Form geht es besonders um Geschwindigkeit, da nicht wie beim waffenlosen Kampf sowie beim Langstock gefühlsorientiert trainiert werden kann.